Widerspruch für Merkzeichen aG

22. November 2021 0 Von Hartmut

Letztes Jahr im Herbst hatte ich einen Verschlimmerungsantrag beim Landesamt für Soziales gestellt und das Merkzeichen aG beantragt. Was mit bis zur Ablehnung des Antrages im Februar auch nicht aufgefallen war, dass seit der Diagnose im März 2015 die ICD-10 Codierung nie geändert wurde. Es wurden zwar neue Befundberichte in der Akte eingefügt, aber die Codierung wurde schlicht und ergreifend vergessen. Wie ich ja zu Beginn in meinem Blog schon erklärt habe, führe ich hier eine Biografie, die aber auch anderen Betroffenen helfen soll, einmal Mut zu machen, aber auch Hinweise und Tipps zu bekommen, was ich bereits an Rechten und Entscheidungen erkämpft habe. Wie ja bereits schon öfter beschrieben, ist meine Konstellation Parkinson, Fibromyalgie, Crampi, Asthma, Restless Legs und Schlafapnoe eine nicht alltägliche. Bei der ersten Entscheidung wurde mein GdB von 70 % auf 80 % erhöht und ansonsten wurde der Antrag abgelehnt. Ich habe dann gleich einen Widerspruch geschrieben und bei der Recherche für meinen Widerspruch, bin ich dann auf die ICD-10 Codierung gestoßen und in diesem Zusammenhang bei der Recherche auf die geänderte Gesetzesnovelle zum Merkzeichen aG und die neuen Richtlinien für die Anerkennung aufmerksam geworden. Vor ein paar Monaten hatte mir eine Beschäftigte beim Ordnungsamt in Kaiserslautern erklärt, dass es eine Verbesserung für die Anerkennung von Parkerleichterungen geben wird und man lediglich noch auf die Gesetzesnovelle warte. Diese Erleichterung hat sich bei der Recherche dann als eine Erschwerung deutlich gemacht. Der Gesetzgeber will durch die Neuerungen in den Gesetzen die Zugangsvoraussetzungen zu Gehbehinderung und außergewöhnlicher Gehbehinderung nicht vereinfachen, sondern schwerer machen. Das ist natürlich wichtig vor einem Widerspruch auch diese Dinge erst einmal zu prüfen. Auf Anfrage bei meinen behandelnden Ärzten war dieser überall auf der Startdiagnose, also idiopathischer Parkinson mit leichter bis mittlerer Schwere. In der Vergangenheit hatte ich schon vielfach darauf hingewiesen, dass die Beschwerden die in einer Mixtur zwischen den Diagnosen Parkinson, Fibromyalgie und Crampi auftreten und die dann durch das Asthma noch zusätzlich negativ beeinflusst werden. Es ist schwierig einem gesunden Menschen die Symptome so zu erklären, dass er sie auf Anhieb versteht und es auch nachvollziehen kann. Mir ist bekannt, dass Schmerz immer eine Sache des persönlichen Empfindens ist und daher gar nicht vergleichbar ist. Manche Menschen haben eine sehr niedrige Schmerztoleranzgrenze, bei anderen ist diese sehr hoch und ausgeprägt. Ich hatte in meinem Leben schon einiges an Schmerzen und weiß, wie sich Schmerz in verschiedenen Varianten anfühlt. Dabei ist es aber auch sehr wichtig, ist der Schmerz auf der körperlichen Ebene, oder kommt der Schmerz über das Nervensystem. Warum ist das so wichtig und vor allem warum muss man das unterscheiden. Schmerzen auf der körperlichen Ebene sind akute Schmerzen, z. B. ich hatte mir als 17 jähriger mit einem Hammer auf den Daumen geschlagen, ich wollte einen Nagel in ein federndes Brett schlagen und der Hammer ist dabei mit voller Wucht vom Nagel abgerutscht und ich habe mit voller Wucht meinen Daumen erwischt. Der Daumen war ziemlich platt, der Nagel war in der Mitte aufgeplatzt und aus dem Riss drückte sich blutendes Gewebe durch. Am Anfang war das ein dumpfer heftiger Schmerz, der aber durch das vom Körper gleich produzierte Adrenalin erst mal keine große Bedeutung mehr hatte. Erst als ich zur Ruhe kam und den Daumen verbunden hatte, kamen die richtigen Schmerzen, ich sage auf einer Skala von 0 – 10 war das eine 8 – 9. Das gute an diesen körperlichen Schmerzen ist, dass man diese mit Schmerzmitteln sehr gut behandeln kann. Bei den neuropathischen und multineuropathischen Schmerzen sieht es da etwas anders aus. Da helfen die normalen Schmerzmittel nämlich in den meisten Fällen überhaupt nicht. Wenn ich heute durch meine Erkrankungen Schmerzen im ganzen Körper mit 8 – 9 habe und Schmerzmittel aber nicht wirken, kann sich der ein oder andere jetzt vielleicht ein bisschen vorstellen, was das bedeutet. Deshalb habe ich meinen Blog ja auch „Mein Blog wenn Schmerzen den Tag bestimmen“ genannt. Denn wenn man im ganzen Körper diese Schmerzen hat, wie damals am Daumen, als ich mit dem Hammer draufgeschlagen habe und dabei klar ist, dass kein Schmerzmittel auch nur ansatzweise hilft, dürfte klar sein, was das bedeutet. Seit 2014 als das mit den Scherzen anfing, habe ich an keinem Tag mehr keine Schmerzen gehabt. Das Schmerzlevel ist im „Normalfall, also wenn es mir gut geht“ bei 30 – 40 bei ständig wechselndem Schmerzschwerpunkt. Ja richtig gelesen, die Schmerzen ändern sich mehrmals täglich sowohl in der Region, in der sie auftreten, als auch in der Intension. Sowohl bei Parkinson gibt es Schmerzen, jedoch bei der Fibromyalgie sind diese noch sehr viel komplexer im Körper angesiedelt und führen dort zu den multineuropathischen Schmerzen. Dann kommen noch die Krämpfe dazu, auch hier gibt es in alles drei Diagnosen Krämpfe, die jedoch in unterschiedlichen Arten auftreten. Durch die Versteifung der Muskulatur beim Parkinson verkürzen sich die Muskeln ja und das führt dazu, dass die Sehnen und Bänder immer mehr Zug aufbauen, das führt natürlich zwangsläufig zu Schmerzen, die Fibromyalgie beruht überwiegend auf Schmerzen in der gesamten Muskulatur, sogenannte Feinstfaser-Muskelschmerzen. Das sind oft Schmerzen die einen brennenden, ziehenden, fließenden und stechenden Charakter aufweisen. Da kommt es öfter mal vor, dass man das Gefühl hat, es hätte einem ein Messer in die Muskulatur gesteckt und würde dieses Messer ständig drehen. Kommt jetzt noch ein Krampf dazu, dann verschärft das die ganze Situation noch einmal zusätzlich. Beim Crampi, das sind genetisch bedingte Krämpfe, auch die rühren bereits aus meiner Kindheit haben aber an Intension in den letzten Jahren extrem zugenommen. Soviel erst mal zum Thema Schmerzen und den Zusammenhängen. Nun zu der Besonderheit und den Gründen, warum der Antrag abgelehnt wurde. Beim Parkinson im Anfangsstadium, der für das Landesamt ja durch die ICD-10 Codierung ersichtlich war, wurde die Ablehnung mit folgendem Wortlaut begründet. „Mit ihrem Krankheitsbild liegen keine Einschränkungen in der Bewegung und in den unteren Extremitäten vor, die eine Einstufung in die Gruppe der außerordentlich gehbehinderten Menschen rechtfertigt. Des weiteren ist aus diesem Grund auch der Antrag auf eine Parkerleichterung zurückzuweisen. Menschen mit einer außerordentlichen Gehbehinderung sind auf ständige Begleitung und Gehilfen angewiesen, oder bewegen sich überwiegend in einem Rollstuhl, dazu ist die Gehstrecke auf eine unwesentliche Strecke mit großer Anstrengung deklariert.

Beim nächsten Termin bei meinem Neurologen, habe ich ihn auf die Thematik der falschen ICD-10 Codierung angesprochen und er sagte, ja das stimmt, das ist mir bisher auch nicht aufgefallen, dass die immer noch unverändert seit der Erstdiagnose hinterlegt ist. Aber das viel größere Problem stellt sich in meinem Fall, dass eine Zugehörigkeit zu den außerordentlich gehbehinderten Menschen auf jeden Fall gerechtfertigt ist, aber sehr schwer darstellbar, da die Gewichtung für die Ursachen Crampi und Fibromyalgie bei der Feststellung des GdB keine allzu große Rolle spielen. Die Symptome die von diesen beiden Diagnosen jedoch verursacht werden, haben dabei eine essentielle Auswirkung. Ich habe dem Neurologen dann genauestens geschildert, wie sich bei mir die Begründung für die außerordentliche Gehbehinderung ergibt. Durch die Fibromyalgie bedingt, bin ich nicht in der Lage Gehilfen zu benutzen, weder Stöcke, Rollator noch ein Rollstuhl kommen dafür in Frage, weil schon nach sehr kurzer Zeit das Festhalten nicht mehr möglich ist, da die Schmerzen ins unerträgliche umschlagen. Eine Gehstrecke ist in meinem Fall nie ohne auch nur einen Schritt ohne Schmerzen möglich. Jeder Schritt verursacht Schmerzen und dann kommen noch die Krämpfe dazu. Sehr häufig, bis zu 10 mal am Tag habe ich Krämpfe im gesamten Oberkörper, die sich auf den ganzen Oberkörper auswirken inkl. Organe und Lunge, was dazu führt, dass ich wenn so ein Krampf auslöst 20-30 Minuten nicht mehr in der Lage bin mich in irgendeiner Form zu bewegen, das heißt ich muss in der Position in der ich mich beim Auslösen des Krampfes befinde ausharren, bis der Krampf vorbei ist und dann hoffen, dass bei der ersten falschen Bewegung nicht gleich der nächste Krampf ausgelöst wird. Dazu kommt es bei diesen Krämpfen zu extremen Atemproblemen was dann durch das Asthma nicht gerade besser wird. Durch die Probleme mit der Atmung kommt automatisch noch Panik und Schweißausbrüche mit dazu. In diesen Momenten bin ich wie eingefroren und nicht in der Lage auch nur einen Schritt zu machen, das ist dem Freezing beim Parkinson gleichzusetzen, wobei sich beim Freezing das Einfrieren rein auf die Beine beschränkt, bei mir ist der ganze Körper bewegungsunfähig. Zudem habe ich auch täglich noch Krämpfe in den Füßen, Zehen, Waden, Schienbeinen, Oberschenkeln, in der Armmuskulatur und in den Händen, dann stehen die Finger in allen Richtungen und das sind auch höllische Schmerzen. Mein Lungenvolumen war auf 32 % durch das Asthma und auch das macht eine größere körperliche Anstrengung unmöglich ist das nicht einfach das Ganze dann einem ärztlichen Ausschuss so darzustellen, dass es aus medizinischen Gründen konform zu den bestehenden Regelungen im Schwerbehindertengesetz zu formulieren, damit die Zuordnung zum Merkzeichen aG erfolgen kann. Dank meiner ausführlichen Schilderung und der Anpassung der ICD-10 Codierung in Verbindung mit der Diagnose wurde vom fachärztlichen Ausschuss beim Landesamt dann mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2021 die Zugehörigkeit zur Gruppe der Schwerbehinderten Menschen mit einer außerordentlichen Gehbehinderung und einer Anpassung des Grades der Behinderung auf 100 % ab 19.10.2021 unbefristet entschieden. In der Zeit des Widerspruches, wurden mehrmals neue Befundberichte angefordert und genauestens geprüft. Eine Einstufung in einen Grad der Behinderung ist oft gemäß vorliegender Diagnosen möglich, in Ausnahmefällen müssen natürlich auch Ausnahmeentscheidungen die abseits der Norm liegen getroffen und entschieden werden. Mein Rat an dieser Stelle, Betroffene sollten von Zeit zu Zeit bei allen Ärzten den Status der Erkrankung überprüfen lassen und gegebenenfalls auch eine Anpassung des Schwerbehindertengrades als auch des Pflegegrades überprüfen lassen. Dazu sei aber auch folgendes gesagt, dass eine Überprüfung immer eine neue Einschätzung und sich geänderte Rechtsprechungen und Gesetze mit auswirken, also immer vor der Antragstellung genau prüfen, ob eine Verschlechterung gerechtfertigt ist und eine Antragstellung und Prüfung nicht dazu führt, dass ein anerkannter Grad durch die erneute Prüfung dann eventuell zu einer Rückstufung, oder gar Aberkennung führen könnte. Ich weise an dieser Stelle nur darauf hin, da ja bei jedem Betroffenen die Voraussetzungen auch unterschiedlich sind. Für alle die sich sicher sind, dass der Zustand und die Umstände es rechtfertigen sollten es dann auch tun. In erster Linie sitzen in den Landesämtern Menschen die sehr oft gesund sind und sich mit den Diagnosen zwar auskennen, aber die Symptome die bei jedem sehr individuell auftreten nicht immer mit der reinen Diagnose zu beschreiben sind. In jedem Fall sollte man bei allen Arztbesuchen immer wieder mit seinem Facharzt über jegliche Veränderungen sprechen und diese dokumentieren. Je mehr Informationen zu den Details beim Arzt vorliegen, umso leichter ist es im Falle einer Befundberichtanforderung durch ein Amt konkrete Auskünfte zu erteilen. Sobald eine Änderung mit einem Bescheid als festgestellt erklärt ist, sollte man dieses Ergebnis auch allen relevanten Stellen zur Verfügung stellen. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn Informationen überall die gleichen sind, macht das vieles sehr viel leichter und in Entscheidungen einfacher.