
Unfassbar aber wahr
Ein paar Dinge aus der Ergotherapie
Viele gesunde Menschen können sich gar nicht vorstellen was es bedeutet auf einer Seite Feinmotorikstörungen zuhaben und auf der anderen Seite mit Schmerzen so eingeschränkt zu sein, dass scheinbare Kinderaufgaben nicht gelöst werden können. Ich kann zum Beispiel mit der linken Hand wenn ich dort ein Messer mit kleinem und Ringfinger festhalte mit den anderen beiden Fingern und dem Daumen nichts mehr greifen, weil ich die Finger einfach nicht zusammen bekomme. Mit der rechten Hand ist das erst einmal kein Problem. Ein Problem wird das auch rechts, nach ca. 2 min. weil ich durch das Festhalten dann den Muskel so stark beanspruche, dass der ganze Arm bis in Schulter und Nacken anfängt zu brennen. Wenn ich dann weitermache, fängt es an zu stechen, ich habe das Gefühl heißes Öl läuft durch die Muskeln und jemand sticht mir dabei immer wieder ein Messer in verschiedene Stellen im Arm und Schultern. Die Hand fängt dann stark an zu zittern und es überträgt sich alles auch auf die linke Seite, die ja noch gar nichts gemacht hat. Jetzt zittert auch die linke Hand und der Schmerz im linken Arm ist genauso stark wie rechts. Wir reden hier von 2-5 min.
Jetzt ein paar Beispiele aus der Ergo die normal 45 min. dauert
Zuerst soll ich die Knetmasse aus einer Dose holen kurz mit der rechten und der linken Hand kneten damit die Knetmasse etwas weicher wird. Dann einen Ball rollen und diesen dann mit beiden Händen auf dem Tisch zu einer großen Knetwurst ausrollen. Dann abwechselnd alle Finger und Daumen langsam in die Knetmasse drücken immer abwechselnd bis die komplette Knetwurst eingedrückt ist. Viele werden jetzt lachen und sagen, das ist doch nicht schwer. Das kneten erhöht mein Schmerzlevel von 3 auf ca. 5, das ausrollen mit beiden Händen lässt das Schmerzlevel auf 7 steigen und das eindrücken durch die Position der Arme sorgt dann für eine 8-9. Die Therapeutin sieht mir dann meist schon an, dass ich an die Belastungsgrenze stoße, ich fange an zu zittern, ich schwitze und schüttele ständig meine Arme aus. Aber das ausschütteln nimmt mir den Schmerz nicht runter es lockert lediglich minimal die verspannte Muskulatur. Ein zweiter Durchgang ist dann meist einfach nur noch unter extremen Schmerzen möglich und muss auch oft dann abgebrochen werden. Das heißt effektiv komme ich auf ca. 10 min. Ergo und bin dann komplett fertig.
Nächstes Mal soll ich mit Bausteinen einen möglichst hohen Turm auf dem Tisch bauen, dazu soll ich immer abwechselnd mit links und rechts die Bauklötze aus der Kiste nehmen und aufeinanderstellen. Jetzt wird jeder lachen und sagen, das ist ja nun wirklich kinderleicht. Ja das war es früher für mich auch mal. Ich fange an mit dem Turm, von Stein zu Stein spüre ich mein Schmerzlevel steigen, ab der 4. Ebene wird das Zittern dann schon so schlimm, dass ich Probleme habe die Steine noch aufzusetzen. Nach ca. 4-5 min. ist es nicht mehr möglich zu stapeln, da ich dann so zittere und Schmerzen habe, dass es nicht mehr geht. Arme ausschütteln und dann nach einer kurzen Pause probieren wir mal das.
Einfach die Stifte nehmen und in die Löcher stecken. Dadurch, dass ich schon Scherzen habe und die Hände zittern, ist dieses Steckspiel nach 2-3 min. auch nicht mehr möglich und die Therapiestunde ist zu Ende.
Kann man sich in etwa vorstellen, wie ein erwachsener Mensch sich fühlt, wenn er nach ein paar Minuten nicht mehr in der Lage ist kinderleichte Sachen zu machen weil der ganze Oberkörper so schmerzt als ob man Stunden lang am Stück Holz gehackt hätte.
Ich zeige nun noch ein paar Sachen bei denen das ganz genau so ist.
Ganz egal was wir in der Therapie machen mehr als 10 min. sind nicht möglich. Die Schmerzen sind dann erst nach 2 Stunden absoluter Ruhe wieder auf einem Level von 3 also meinem Permanentlevel.
Hätte ich am gleichen Tag später noch einmal eine solche Therapie, wären die Übungen nach 5 min. beendet, denn dann ist der hohe Schmerzlevel schneller erreicht.
Auch damit ist es nicht anders.
Ob ich nun mit einem Stift schreibe oder mit einer Tastatur, es ist zeitlich immer auf ca. 10 min. beschränkt und dann geht nichts mehr. Wenn ich mit einem Stift schreibe fange ich normal an, ab der 2. Zeile wird die Schrift schon kleiner und ab jeder weiteren Zeile wird sie immer kleiner und unleserlicher in der Hälfte eines DIN A 4 Blattes ist sie dann so unleserlich und ich fange wegen der Schmerzen an Buchstaben zu vertauschen. Durch die Schmerzen sinkt die Konzentration und das verursacht dann das Vertauschen von Buchstaben. Ich will zum Beispiel ein u schreiben schreibe aber ein b.
Mit der Tastatur ist das genauso. Ich habe in der Realschule schon Schreibmaschine und Steno gelernt. Ich schreibe heute noch mit dem erlernten 10 Finger System. Aber nach 5-6 Minuten fängt auch hier das Vertauschen von Buschstaben an. Also auch das Schreiben von diesen Beiträgen erfolgt meist auf Etappen und kann nicht in einem Zug erfolgen.
Ich habe immer sehr starke Schmerzen wenn ich fertig bin. Aber ich muss ja etwas für die Beweglichkeit tun. Wenn ich das nicht mache bin ich irgendwann nach 2-3 Minuten schon fertig. Also kämpfe ich so weit es geht um auf eine Zeit von 10 min. zu kommen.
Jetzt zu dem Problem mit dem Heben. Ich habe auch schon diese Therapiesandsäcke aus einem Regal auf einen etwas entfernter stehenden Tisch umschichten müssen. Dabei ging es darum ein von der Therapeutin genanntes Gewicht zusammenzustellen in einer Kiste, und diese dann zum Tisch zu bringen die Säcke auf den Tisch zu legen und dann wieder zum Regal zurück mit der Kiste. Die Säcke wiegen von 400 gr. bis 5 kg.
Bei kleinen Gewichten geht das bis etwa 5 min. dann ist Feierabend. Wenn das Gewicht größer wird reduziert sich die Zeit. Wenn ich einen schweren Gegenstand hochheben muss und dabei wie in einem vorhergehenden Beitrag eine schwere Tasche in einen Kofferraum heben soll, dann ist alleine durch diese Tasche schon mein Schmerzlevel erreicht. Ich konnte die Aufgabe mit den Sandsäcken nicht erfüllen, da ich sehr schnell an meine Belastungsgrenze gestoßen bin.
Gerade bei Gewichten ist dann meine Muskulatur über Tage „sauer“ das heißt der Ruheschmerzlevel ist höher und jede Bewegung tut weh, die ich normal nicht spüren würde. Unvorstellbar aber leider Realität bei mir und sicher auch bei allen anderen die durch Fibromyalgie geplagt sind.